Wirkliche Heilung erfordert eine mentale und psychische
Umstellung. Eine nur körperliche Therapie erleidet häufig Rückfälle, zuweilen
mit anderen Symptomen. Ein Umdenken ist nötig, um ins harmonische Gleichgewicht
zu kommen. Darum ist es wichtig zu unterscheiden und zu trennen, was das
objektive Ereignis ist, und was dabei als persönliches, subjektives Erlebnis
empfunden wird.
Hören wir, dass eine nützliche Krebstherapie entdeckt worden
sei, oder dass ein Erdbeben oder eine Feuersbrunst stattgefunden habe, dann
erfahren wir Ereignisse. Für den am Ereignis beteiligten, für den betroffenen
Menschen ist es jedoch viel mehr als nur eine Ereignis. Es ist zugleich auch ein
emotionales Erlebnis.
Treffend sagt deshalb Montaigne (1533-1592): "Der Mensch erleidet nicht soviel
durch das, was ihm (als Ereignis) zustößt, wie durch die Art, wie er dieses
Geschehen hinnimmt."
Wird das "äussere" Ereignis, zu einem negativen "inneren" Erlebnis, so löst es
immer ein bestimmtes Selbstgefühl aus. Das Ereignis bewirkt, dass man sich
ärgert oder sich enttäuscht oder beleidigt oder unzufrieden fühlt. Diese
negativen Selbstgefühle zerstören das Wohlbefinden und sind immer zugleich
psychisch-somatische Streßbelastungen. Man schädigt sich jedes Mal, wenn man das
vorgestellte Ereignis erneut zu einem "inneren" Erlebnis macht.
Man findet: Ich fühle mich durch das Ereignis:
beleidigt. Man reagiert möglicherweise trotzig (+2 Grün)
oder
verärgert. Man reagiert möglicherweise aggressiv (+3 Rot)
oder
enttäuscht (-4 Gelb). Man reagiert z. B. mit
Selbstbedauern (+1 Blau) oder
unzufrieden (-1 Blau). Man reagiert z. B. mit süchtigem
Begehren (+3, -1) (Essen, Alkohol, Rauchen, Imponiersucht usw.).
Solche Selbstgefühle sind ICH-Bilder, die wir uns selber
ein-bilden. Es sind Trugbilder, die nur im eigenen Kopf bestehen. Nicht diese
eingebildeten Selbstgefühle, sondern das äussere Ereignis ist die reale
Wirklichkeit.
ICH-Bilder sind Selbst-Bewertungen. Falsche Selbstbewertungen entstehen auch,
wenn man sich falsche Wertmasstäbe und irreführende Meinungen unkritisch
aneignet. Zum größten Teil sind es gesellschaftliche Ansichten, die man meist
unbewusst übernimmt oder konfessionelle Bewertungen, die in der Kindheit
indoktriniert wurden. Derart falsche Bewertungen äussern sich vor allem als:
Moralismus und Intoleranz, als Drang nach Bestätigung und gesellschaftlichem
Prestige, als Überschätzung von Macht, von Geld und als sexueller Eifer zur
Selbstbestätigung.
Zwangsläufig entsteht durch die falsche Bewertung auch eine falsche
Selbstbewertung. Sie ist einerseits eine Selbstüberbewertung. Sie äussert sich
z.B. als Bedürfnis sich anderen überlegen zu fühlen und als anmassendes
Verhalten, als übersteigerte Ansprüche und illusionäre Erwartungen. Sie ist
andererseits eine Selbstunterbewertung. Sie besteht darin, dass man sich
abwertet, also sich gedemütigt, beleidigt oder ungenügend fühlt. Gefühle der
Minderwertigkeit führen zu Gehemmtheit oder äussern sich als unangemessene
Eifersucht.
Die falsche Selbstbewertung prägt das "innere" Erlebnis. Dieses wird auf das
"äussere" Ereignis projiziert. Dadurch wird das Ereignis falsch bewertet und
dramatisiert. Jedes Mal, wenn man sich das negative Ereignis vorstellt, erzeugt
man wieder das zerstörerische Erlebnis und denselben psychisch-somatischen
Stress. Das Nervensystem wird überreizt und das Immunsystem geschwächt. Das
schafft die Disposition zur Erkrankung.
Überblick:
Eine Vorstellung, (Erinnerung) ist
als emotionale, egozentrische Bewertung: ein "inneres" Erlebnis.
Egozentrische Fehlhaltungen sind: sich ärgern, enttäuscht sein, beleidigt sein,
unzufrieden sein. z.B. "Das kann ich nie verzeihen, denn ich wurde in meinem
Stolz gedemütigt."
als sachgerechte, objektive Beurteilung: ein "äusseres" Ereignis.
Das Ereignis objektiv beurteilen heisst: Es in die Realität richtig einordnen.
z. B. "Das war so und hat diese Gründe."
Jedes reale Erleben findet immer nur in der Gegenwart statt, nie in der
Vergangenheit und nie in der Zukunft. Vergangenes und Zukünftiges sind immer nur
vorgestellte Bilder, die wir uns aus der Er-Innerung Ein-Bilden. Sie erzeugen
dieselben Gefühle, wie wenn sie ein gegenwärtiges und reales Erlebnis wären.
Wer seine Vergangenheit idealisiert oder sie bedauert, projiziert nur seine
Selbst-Gefühle in seine Vorstellung des Vergangenen. Wer seine Zukunft
idealisiert oder als Besorgnis erregend bewertet, projiziert sein aktuelles
Selbst-Gefühl auf seine Vorstellung der Zukunft.
So entstehen eingebildete Sorgen, Gehemmtheit und quälende Ängste oder
melancholische Depressionen. Die Selbstüberwertung erzeugt illusionäre Ansprüche
und Erwartungen, die enttäuscht werden. Je intensiver solche Vorstellungen
erlebt werden z.B. als Haß, Eifersucht oder Angst, um so mehr hält man sie für
realistische Urteile. Darum fällt es schwer, solche Meinungen als Bewertungen zu
entlarven und einzusehen, daß sie durch die falsche Selbstbewertung verursacht
sind.
Therapie-Strategie
Die Entlastungs-Therapie muss die falschen Selbstbewertungen
aufdecken, um sie aufzuheben. Denn sie sind die Ursache z. B. von Eifersucht,
Ärger, Unzufriedenheit, Beleidigtsein, Trotz oder Überheblichkeit und
Illusionen. Vorstellungen des vergangenen Ereignisses oder der Zukunft lösen
dann keine falschen und belastenden Gefühle mehr aus. "Es macht mir Sorgen, wenn
ich daran denke, was alles passieren könnte." "Es hat mich wieder aufgewühlt,
als ich daran dachte." "Eine solche Zumutung. Mit mir nicht!" "Warum gerade
ich?!" Solche Gedanken müssen als schädlich erkannt und vermieden werden. Der
psychisch-somatische Stress ist damit behoben. Die gegebene Situation, das
Ereignis kann sachgerecht, "objektiv" beurteilt werden.